Wasserstoff: Vogelparkregion prädestiniert für H2-Tankstelle

Wirtschaftsförderung legt Studienergebnisse vor - Ziel ist regionale Wertschöpfungskette

Gruppenbild bei der Übergabe der Wasserstoffstudie vor dem Walsroder Rathaus: v. l. Michael Krohn, GF Deltaland, Ralf Tilschner, Erster Stadtrat - Stadt Bad Fallingbostel, Helma Spöring, Bürgermeisterin -Stadt Walsrode, Marvin Krüger, Branch Manager Hamburg - Wenger Engineering GmbH, Marie Christin Mielke, Projektmanagerin - Deltaland, Franziska Meltzner, Wenger Engineering GmbH
Übergabe der Wasserstoffstudie v. l. Michael Krohn, Deltaland, Ralf Tilschner, 1. Stadtrat Bad Fallingbostel, Helma Spöring, Bürgermeisterin Walsrode, Marvin Krüger, Wenger Engineering, Marie Christin Mielke, Deltaland, Franziska Meltzner, Wenger Eng...

In der Energiepolitik von Bund und Land wird der Wasserstofftechnologie eine große Bedeutung beigemessen. Doch welche Voraussetzungen bringt die hiesige Region mit, um an der künftigen Wasserstoffwirtschaft teilzuhaben? Wie können der Erzeuger- (PV, Wind, Biogas) und der Absatzmarkt für „Grünen Wasserstoff“ regional aktiviert werden? Welche Rolle können Logistik-Standorte an der Autobahn und der Industriestandort Bomlitz spielen? Diesen Leitfragen ist die Wirtschaftsförderung Deltaland zusammen mit einer Steuerungsgruppe aus Vertretern von regionaler Wirtschaft und Kommunen im Rahmen einer Machbarkeitsstudie nachgegangen, deren Ergebnisse nun vorliegen.

Erstellt wurde die LEADER-geförderte Studie zwischen November 2020 und Juni 2021 durch das Büro Wenger Engineering aus Ulm. Wenger Engineering verfügt als eines der erfahrensten Unternehmen der Branche über langjährige Expertise aus (inter-)nationalen Projekten im Bereich der Wasserstoffmobilität und der Entwicklung einer effizienten Wasserstoff-Infrastruktur.

Die Arbeiten ergaben zusammengefasst folgende Ergebnisse:

  • Erneuerbare Energien können in der Vogelparkregion die Basis für eine regionale Wasserstoffproduktion darstellen. Erzeugungsseitig ist PV-Strom aus technologischen und finanziellen Erwägungen dem Strom aus Wind vorzuziehen. Hallendächer und Freiland-PV an wenigen ausgewählten Standorten bieten das meiste Grünstrom-Potenzial. Günstiger Windstrom steht tendenziell bei Post-EEG-Anlagen zur Verfügung, was absehbar jedoch bei den wenigsten regional vorhandenen Windenergieanlagen (WEA) gegeben ist. Mit Genehmigungen für neue Windparks ist in der Region kaum zu rechnen.
  • Ein Wermutstropfen für die Biogas-Branche: Solange Wasserstoff aus Biogas (chemischer Prozesses der Dampfreformation) keine Anerkennung als „grün“ erhält, wird er nicht in der Breite einsetzbar sein. Aktuell wird der aus Biogas hergestellte Wasserstoff bei Treibhausgasminderungsquote (RED II) im Verkehr ausgeschlossen. Dabei böte die H2-Herstellung aus Biomethan durchaus Kostenvorteile gegenüber der Elektrolyse, welche aber bis auf weiteres regulatorisch alternativlos ist, weil nur sie zu anerkannt „grünem“ H2 führt.
  • Basis für die Wasserstofferzeugung mittels Elektrolyse ist wenn möglich die Kombination aus Solar- (Hallendach und/oder Freiland) und Windenergie, idealerweise aus bestehenden WEA in der Nähe. Um einen kontinuierlichen Betrieb zu ermöglichen, wird zur Erhöhung der Volllaststunden grüner Netzstrom als Backup verwendet. Da die Strombezugskosten sich direkt auf die Wasserstoffgestehungskosten auswirken, ist eine Spotmarktanbindung nötig und wirtschaftlich sinnvoll.
  • Es gibt vorerst keine nennenswerte Nachfrage für die stoffliche Nutzung von Wasserstoff in der Region, auch nicht am Industriestandort Bomlitz. Für eine Wasserstoff-Einspeisung in das Gasnetz ist in der Vogelparkregion langfristig keine Wirtschaftlichkeit zu erwarten, da eine zu große räumliche Distanz zu geplanten nationalen Wasserstoffpipelines besteht.
  • Die Vogelparkregion hat jedoch vor allem durch ihre Funktion als Logistikregion ein großes Potenzial für Wasserstoff-Aktivitäten. Dies gilt insbesondere für den Wasserstoff-Einsatz im LKW-Verkehr von Speditionen, aber auch für einige Kommunalfahrzeuge sowie für Busse. Ergänzend kommen Flurförderzeuge innerhalb von Lager- und Produktionsbetrieben hinzu.
  • Befragungen bei Spediteuren haben ergeben, dass aufgrund der geographischen Lage im Dreieck Hamburg-Hannover-Bremen mit direkter Autobahnanbindung die Auslastung einer Wasserstofftankstelle möglich ist und für die Vogelparkregion ein sehr gutes Startprojekt darstellen würde. Es gibt bei mehreren Betrieben die konkrete Absicht, nach positiven Testläufen auch eine größere Stückzahl an Wasserstoff-LKW einzusetzen.
  • Anfänglich wird der wirtschaftliche Betrieb einer Wasserstofftankstelle schwer darzustellen sein. Daher ist es ein großer Vorteil, dass die Bereitschaft zur Übernahme von anlaufbedingten Risiken sowohl bei potenziellen Tankstelleninvestoren als auch bei Speditionsbetrieben vorhanden ist. Hierbei spielen u.a. die CO2-Reduktionsvorgaben für LKW-Flotten eine Rolle.

Folgende Handlungsempfehlungen ergeben sich nunmehr für die Vogelparkregion:

  • Mit erster Priorität sollte am Standort A27park Walsrode eine Wasserstofftankstelle installiert werden. Ziel wäre es dabei, eine lokale Wertschöpfungskette abzubilden mit folgenden Elementen: Erzeugung von PV-Strom auf vorhandenem Hallendach (Projektierung durch Investor läuft), begleitet von einer örtlichen Freiland-PV-Anlage an der BAB (neues stadteigenes Projekt) sowie ggf. ergänzend eine Direktanbindung an vorhandene WEA in der Nähe, Durchführung einer Vor-Ort-Elektrolyse und schließlich die Vertankung an gut erreichbarer Stelle. Sowohl LKW als auch in dem Gebiet eingesetzte Flurförderzeuge könnten so bedient werden. Ein solches örtliches Verbundprojekt hätte Modellcharakter innerhalb der H2-Region Nordost-Niedersachsen, an der das Deltaland und der Heidekreis mitwirken.
  • Mit zweiter Priorität bietet es sich an, aufgrund der höheren Verkehrsfrequenz auch eine Wasserstofftankstelle an der BAB 7 zu realisieren. An den grundsätzlich denkbaren Standorten Bad Fallingbostel oder Dorfmark ist neben der herausfordernderen Flächensituation jedoch zu bedenken, dass eine Vor-Ort-Erzeugung nicht darstellbar ist, so dass auf transportierten Wasserstoff zurückgegriffen werden müsste (was bei kurzer Distanz aber kein Problem wäre).
  • Perspektivisch denkbar ist auch eine Grünstromelektrolyse am Standort Bomlitz mit dem Ziel, dort in größerem Maßstab Wasserstoff zu produzieren. Die hierfür notwendigen Rahmenbedingungen im Zusammenspiel mit vorhandenen PV- und Windkraftanlagen, dem IPW sowie dem Energie- und Umweltpark sind allerdings noch eingehender zu beleuchten.

Für die Erstellung der Machbarkeitsstudie (Kosten rund 75.000 €) hat die Wirtschaftsförderung Deltaland zu ihrem Eigenanteil einen LEADER-Zuschuss in Höhe von 50% eingeworben. Die Kofinanzierung teilen sich die Kommunen der Vogelparkregion, der LK Heidekreis, die Stadtwerke Böhmetal und die Spedition Kruse. Die Studie wir in Kürze auf unserer Webseite gestellt. Zu finden ist sie dann unter Projekte > Wasserstoff.

  • Ein LKW ist an einer Wasserstofftankstelle betankt. Links im Hintergrund sind Windräder und ein Solarpark zu sehen.
    LKW an einer Wasserstoff-Tankstelle
 Dienstag, 13. Juli 2021  14:30 [3 yrs]

Frau Spöring und Herr Krüger bei der Übergabe der Machbarkeitsstudie
Frau Spöring und Herr Krüger (Wenger Engineering GmbH) bei der Übergabe der Machbarkeitsstudie